
In vielen Unternehmen ist Marketing Bla-Bla leider der Alltag voller sinnentleerter und falsch genutzter Anglizismen. Dabei ist doch klare, einfach gehaltene Kommunikation das beste Mittel zum Beziehungsaufbau.
Kommunikation ist ja bekanntlich das A und O im Marketing. Sei es zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden, zwischen Kollegen oder intern. Überall wird jederzeit kommuniziert. Da scheint es wunderlich, dass ausgerecht im Marketing Wörter und Phrasen eingebaut werden, die so überzogen und abartig klingen, dass einem irgendwie schwindelig werden kann. Ein Beispiel:
“Wir sind eine Full-Service Agentur mit geaddedem Shareholder-Value. Wir sind ASAP bei den Clients und bieten Total Quality. Somit converten wir alle Leads und machen aus Ihnen den Global Player. Wir liten es up.” Als potenzieller Kunde frage ich mich: “Bitte was?” Und als Marketing-Kollegin sage ich: “Ja ich weiß, dass ihr anscheinend tolle Sachen bieten könnt, aber muss das so komisch ausgedrückt werden? Wir haben ja hier keinen Wettbewerb, wer toller ist.” Hier kommt der schöne Begriff “Bullshit-Bingo” zu tragen.
Ursprünglich Buzzword-Bingo genannt, zielt Bullshit-Bingo darauf ab, die humoristische Variante des Bingo-Spiels zu sein. In dieser wird die inhaltslose Verwendung zahlreicher Schlagwörter oder Anglizismen bei Präsentationen, Vorträgen oder Besprechungen persifliert. (Quelle, wie so oft: Wikipedia)
Oftmals passiert es nämlich – und da ich habe mich auch schon selber dabei ertappt (sonst würde ich diesen Artikel ja gar nicht schreiben) – Anglizismen oder Marketing-Fachbegriffe im Gespräch mit anderen einzubauen. Wirklich gut klingt es aber nicht. Denn entweder es ist ein “Wer kennt sich besser aus” zwischen Kollegen oder ein “Ich bin ein Vollmarketingprofi und überhäufe den potenziellen Kunden mit so vielen Fachbegriffen, dass er verwirrter aus dem Gespräch rausgeht als vorher.”
Deshalb mein Ansatz: Lassen wir das doch!
Erstens, unter Kollegen brauchen wir uns nicht zu messen. Wer seine Arbeit gut macht und sich auskennt, muss nicht mit Fachvokabeln (noch dazu in “Denglisch”) um sich werfen. Und wir können stolz sein und nicht neidisch, wenn Kollegen erfolgreich sind. Lernen von den Besten ist hier angebracht.
Und wenn man klarer kommuniziert, dann hilft das auch dem potenziellen Kunden. Natürlich werden einige sagen, ja aber wieso soll ich wichtige Begriffe weglassen? Weglassen habe ich nicht gesagt, aber klarer ausdrücken. Ein Beispiel: Sie bekommen einen Handwerksbetrieb als Interessenten. Dieser möchte Social Media Marketing aufbauen. Anstatt Wörter wie Conversion Rates, Leads, Positioning einzubauen, könnten Sie es doch wie folgt ausdrücken: Wen möchten Sie ansprechen? Welche Ziele gibt es und wie werden diese gemessen? Wie soll Ihr Unternehmen als Marke positioniert werden?
Ja, es wird dadurch länger, aber es kommt auch mehr dabei raus.
Natürlich lernt man während der Ausbildung diese ganzen Begriffe, aber mit Kunden funktioniert die Kommunikation doch anders. Da muss man nicht mit all seinem Wissen und mit all den erlernten Begriffen rumwerfen.
Hier eine Liste meiner liebsten Ausdrücke und Phrasen…NOT! 😉
Global Player: Dabei wird meistens die Bedeutung dieses Begriffes völlig anders verstanden und benutzt. Meistens ist das Ziel von jungen Start-Ups: “Wir wollen ein Global Player werden!” Ja das ist ein sehr löbliches Ziel, wenn man bedenkt, dass das wichtigste Merkmal von Global Players ist, dass sie Filialen/Tochter-Firmen besitzen, die auf der ganzen Welt verstreut sind. Als größte Global Players werden Exxon Mobil, Walmart sowie General Motors betrachtet. Es ist also eine Mammutaufgabe, genau das zu werden. Deshalb Vorsicht mit diesem Begriff.
Total Quality: Dieser Begriff an sich ist einfach unlogisch. Qualität ist sowieso keine halbe Sache, sondern entweder hat etwas eine gute Qualität oder eben nicht.
Full-Service: Was genau soll das heißen? Das ist genauso vage wie der deutsche Begriff “Alles aus einer Hand”. Ich frage mich immer wieder, wieso damit die eierlegende Wollmilchsau angepriesen wird, die es unmöglich geben kann. Sowas lernt man doch bei Positionierung, und dann nimmt man es selbst nicht an?
ASAP (as soon as possible) – autsch, autsch, autsch. Das ist schlimm. Ich frag mich immer wieso? Warum kann man das nicht so sagen: OK, wir versuchen es so schnell wie möglich, oder raschest im Rahmen unserer Möglichkeiten, zu erarbeiten. (Das klingt auch realistischer.) Etwas schnell zu machen muss nicht zwangsläufig mit gut machen zusammenhängen. Wenn man sich mal eine kurze Ruhe und Nachdenkphase gönnt, kommt man meist schneller und besser ans Ziel, als einfach nur auf Schnelligkeit bedacht loszuarbeiten.
Deadlinen, Liten, Liften, Adden: Adden Sie mehr Shareholder Value
Ja, ich ertappe mich immer wieder und ich sage auch manchmal adden, aber wenn man sich einmal langsam und bewusst Sätze mit diesen Anglizismen vorsagt, klingt es einfach nur komisch. Und denken Sie mal an Ihren Interessenten, den klassischen Handwerksbetrieb zum Beispiel: glauben Sie, der findet das komisch, wenn auf einmal viele englische Wörter im Satz sind, die er vielleicht gar nicht versteht, und die eigentlich auch keinen Sinn ergeben. Adden zum Beispiel. To add hat mehrere Bedeutungen: ergänzen, hinzufügen, anhängen, hinzusetzen und so weiter. Wenn also jemand den Begriff als anhängen versteht, dann heißt das “Hängen Sie mehr Shareholder Value an?” Wie soll das möglich sein…?
Hierzu gibt es ein Questionmark! Oder: Ähm Questionmark? Wieso kann man nicht einfach sagen: Das weiß man noch nicht oder ich habe eine Frage dazu. Es unverständlich, wie man aus einem Symbol, dass am Satzende steht und die Tonalität eines Satzes beeinflusst, eine eigenständige Phrase machen kann.
Was sind unsere Learnings daraus? Die Lehren daraus sind: nicht alles in Phrasen packen.
Natürlich sind Begriffe wie USP, Social Media Monitoring etc. allgegenwärtig und hören sich teilweise besser an als Alleinstellungsmerkmal oder Soziale Medien Überwachung. Aber das muss erklärt werden. Denken Sie an Ihre Kunden, versetzten Sie sich in ihn oder sie hinein:
Wer ist die Zielgruppe, also an wen will ich kommunizieren?
Wie kommuniziere ich? Was braucht die Zielgruppe und was braucht sie nicht?
Wie kann man überprüfen, dass meine Aktion auch an die Zielgruppe heran kommt?
Fazit: Wahrscheinlich braucht die Zielgruppe KEINE expedite value-added web-readiness
Übrigens, wer seinen Spaß haben möchte, generiert einfach hier die nächsten Ausdrücke: http://www.codres.de/2009/07/marketing-bullshit-generator
*Disclaimer: Dieser Artikel ist bitte auch mit ein bisschen Humor zu sehen.
Über die Autorin:
Natalie Kutschera, BA pth, MBA

Natalie Kutschera ist die Marketing Leiterin bei Heller Consult Tax and Business Solutions GmbH in Wien. Mit kreativen Ideen und Entschlossenheit versorgt sie sowohl die Steuer- und Unternehmensberatung Heller Consult als auch die internationale Treuhandgesellschaft InterGest Worldwide. Man könnte sie als Bildungs-Junkie bezeichnen: sie ist Bachelor der Psychotherapie, absolvierte die Ausbildung European Business License am WIFI Wien und das College for Marketing and Sales. Im Frühjahr 2015 schloss sie ihren International MBA für Management und Kommunikation auf der FH Wien mit gutem Erfolg ab. Auf der Münchner Marketing Akademie absolvierte Sie das Seminar Public Relations 3.0 und plant noch dort noch weitere Seminarbesuche.